ERSTE
LANPARTY IN SELB_________________________________________
Strategie pur: Computerfreaks spielen am liebsten im
Team
SELB- „Party“ war zunächst das Einzige was Uwe Prucker, Zugführer beim
Technischen Hilfswerk Selb, verstand. Ein paar junge Mitglieder wollten Räume
des Technischen Hilfswerk für ihre Lanparty nutzen. „Dann muss ich wohl
hinterher alles neu streichen lassen“, waren seine ersten Gedanken. Aber nach
einer LAN-Party beschränken sich die Aufräumarbeiten auf das Zusammenrollen
der Kabel und kräftiges Lüften, denn die vielen Computer, die bei einer solchen
Zusammenkunft stundenlang laufen, erzeugen enorme Abwärme.
LAN ist die Abkürzung für „Local Area Network“, und zu
einer Lanparty bringen alle „Partygäste“ (die sich hier User oder Zocker
nennen) Ihren Computer mit. Jeder wird mit jedem vernetzt, und das große
„Zocken“ beginnt. Es wird gespielt im Team und mit Strategie. Genau das ist es,
was die jungen Computerfreaks lieben. „Zuhause, allein bin ich anonym. Da spiel
ich nicht.“ sagt Daniel Engelbrecht. „Ich will Leute treffen und gemeinsam
spielen.“
Bei den Partys finden sie sich zu sogenannten Clans zusammen.
In Selb spielten zum Beispiel der GDC-Clan (German Desk Clan) und der SEG-Clan
(Sonder Einsatz Gomando) „Newbies“ (Neulinge) waren aber auch dabei.
„Das ist das Tolle an Lanpartys“, meint der
Administrator des Spieles, Andreas Penzel, dass sich da Kumpels treffen und austauschen
können. Hier kann man sich richtig kennenlernen und im Team zusammen
spielen.“
Die heutigen Spiele
heißen aber nicht mehr Fußball, Skat oder Schiffe versenken, sondern „Quake“,
,,Unreal Tournement“ oder „Age of Empire“. Und das Lieblingsspiel ist
„Counterstrike“.
Schon seit einigen Jahren werden in allen
großen Städten (und mittlerweile auch in den kleinen) Lanpartys veranstaltet.
Dabei sind Superlative gefragt. 100, 200 und mehr Spieler kommen zusammen in
möglichst großen Hallen. Viele von ihnen bringen Schlafsäcke mit, weil zwei,
drei oder mehr Tage und Nächte durchgespielt wird.
In Selb nun fing
alles erst einmal bescheiden aber mit großem Enthusiasmus an. Es kamen 20
junge Männer im Alter zwischen 18 und 23 Jahren zusammen und spielten von
Samstag 16 Uhr bis Sonntag 12 Uhr. Alles war gut organisiert: Der Küchenchef
Kai Blüchel, empfahl Pasta „Italienische Art“ und fehlendes Equipement
(Netzwerkkarte und -kabel) konnte vor Ort erworben werden. Für fünf Euro Eintritt,
in dem das Essen und zwei Getränke enthalten waren, konnte jeder, der einen
Computer mitbrachte dabei sein.
Die Stimmung war gut
und Senior Uwe Prucker war begeistert. Er hält das Spielertreffen für eine
sinnvolle Freizeitbeschäftigung, und so werde bald die nächste Lanparty
stattfinden. Dann sollen 50 und mehr Spieler dabei sein, für die auf Kosten
des Hauses eine 200 MB Trunk, eine Kernleitung, verlegt wird. Sie ermöglicht
das Spielen über mehrere Räume verteilt. Für Netzwerktechnik und Catering
suchen die jungen Organisatoren noch fleißig nach Sponsoren.
Die
Lanparty-Gemeinde ist riesengroß und weltweit verbreitet - analog der
Computer- und Internetverbreitung. Die „Zocker“ sind jung und Mädchen sind nur
sehr selten dabei. Vielleicht weil sie für Ballerspiele noch weniger zu
begeistern sind?
Manchmal gehen auch den Jungs die Inhalte der Spiele zu weit. Ende
vergangenen Jahres wurde die Gigalanparty in Österreich deswegen abgesagt. Einer
der Organisatoren bat um Verständnis: „...dass sich aufgrund der Bilder von
Kindern mit abgerissenen Gliedmaßen, von Hunger, Krieg und Armut sich auch bei
mir keine Spiellust einstellen mag“.
Natürlich gab es
solche Bilder auf den Monitoren in Selb nicht zu sehen, aber scharf geschossen
wird auch hier. Die Spiele nennen sich Egoshooter, und ihre Teilnehmer trennen
sich in Polizisten und Terroristen oder ähnlich Mannschaften. Sie verfolgen die
Gegner durch virtuelle Landschaften, um sie zu töten - natürlich im Team und
mit Strategie wie die jungen Freaks immer wieder betonen.
Andererseits sind die computergestützten Schießspiele
eigentlich auch nichts anderes als „Räuber und Gendarm“ oder „Cowboy und
Indianer“. Wo bleiben die anderen Spiele? Brettspiele, Ballspiele und Kartenspiele kommen doch
auch ohne Blut und abgerissene Gliedmaßen aus. Darauf haben die Selber Lanparty-Spieler
eine Antwort: „Irgendjemand muss die Spiele ja ersteinmal entwickeln, und der
will ja auch Geld verdienen. Schießspiele verkaufen sich halt am Besten“. „Aber
wir könne die virtuelle von der realen Welt unterscheiden“, betonen sie und
schauen auch ganz sanft aus ihren verschlafenen Augen am Sonntag Morgen.
Text
und Fotos: Heike Arndt
Frankenpost, 13.02.2002
mehr dazu unter http://www.lanparty-selb.de.vu